Carolina Graeff-Martinez
von Franziska Jürgens
„ich hab kein rhythmusgefühl, aber ich trage eine zwangsjacke in einer discountertüte zusammen mit meiner wut und dem toten lebensgefühl der 70er“
Die Atmosphäre in Caros Texten ist zum Schneiden dick. So dick, dass man manchmal das Atmen vergisst. Entweder, weil man voller Spannung und Ekel darauf wartet, was die Ich-Erzählerin als nächstes vorhat oder weil es einem schlichtweg die Kehle zuschnürt. Denn Caro geht da hin, wo es wehtut. Sehr wehtut. Es geht um Gewalt, Körperflüssigkeiten. Um Machtlossein, um Rachephantasien, um das Patriarchat und darum, sich bei einer Freundin unterzuhaken, um bloß dem Flirt mit irgendeinem Mann zu entgehen.
Ist das noch Punkrock?
Caros Arbeiten bewegen sich in einem Kosmos, in dem Kathy Acker und Against Me! genau so Platz haben wie Sprachlosigkeit und Angst und Wut, die man herunterschlucken muss. Was auf den ersten Blick dreckig, abstoßend und ein wenig melancholisch wirkt, entwickelt schnell einen Sog, aus dem man sich nicht so leicht befreien kann. Dabei ist es völlig egal, ob man einen Text von Caro liest, ihn vorgelesen bekommt oder eine Männertoilette betritt, die sie zum Ausstellungsraum macht.
Neben dem Engen, dem Ekeligen, sind da aber auch die Straßen von Madrid im Sommer und Photographien, die an Urlaubsbilder erinnern – aber weit gefehlt, nicht genau hingeschaut. Carol demonstriert in diesen Bildern den scharfen, den kritischen Blick, mit dem sie die Welt und dich anschaut; wirft Fragen über den spanischen Faschismus und ihre eigene Biographie auf und lässt dich mal wieder sprachlos, luftleer zurück.